Fußball im Tor Herunterscrollen

TEUTONISCHE HYBRIS 2022 oder: Im Kopf von Hansi Flick

Och, gegen Japan reicht doch ein 1:0. Und dann verwalten wir das Ding. Die schiessen doch niemals zwei Tore! 

Och, gegen Spanien reicht doch ein Unentschieden. Wir machen dann ja Costa Rica weg. Und die Japaner gewinnen ja niemals noch ein Spiel! Die haben ja gegen uns nur gepunktet, weil wir nachlässig waren. An ihnen selber lag es ganz sicher nicht, das werden die niemals wiederholen können. Stell’ Dir vor, dann gewänne Japan ja die Gruppe!! Hahaha! 

Och, gegen Costa Rica reicht ja ein 1:0, Gang raus, siehste, Spanien führt ja auch. Erstmal sehen, was die machen.…. Oh! Naja. Das war jetzt aber auch wirklich nicht zu erwarten!!!

Och, nee, den bereits aussortierten Müller holen wir nicht nur zurück, den lassen wir mal im Sturm spielen. Er macht das ja „mit Liebe“, Tore schiessen können ja immer noch die anderen. Die wir dann aber nicht aufstellen. Einen Havertz z. B. nehmen wir nach einer torlosen Partie aus der Elf. Um ihn „zu schützen“. 

Och, nee, Katar boykottieren geht natürlich nicht, unser Serienmeister ist ja mit denen geschäftlich eng verbandelt. Aber so ein bisschen rummeckern, das machen wir. Das können wir eh am besten. Und tun das dann, wenn es zu spät ist. So dass es nichts bringt – ausser, dass wir im Anschluss auch am Fussball keinen Spass mehr haben. 

Och nee, diese Regenbogenbinde nehmen wir nicht, wir sind ja schlau. Wir machen so ein neues, buntes Ding. Das melden wir aber auch nicht frühzeitig als Spielführerbinde an, sondern versuchen das ganz geschickt hintenrum. Die FIFA wird sich ja niemals trauen, uns das dann zu untersagen!!! Oh. Naja.

Och, und wenn es uns nicht passt, nehmen wir auch keinen Spieler mit zur Pressekonferenz, obwohl das vorgeschrieben ist. Die Fahrt dauert ja viel zu lang aus unserem, von uns selbst ausgesuchten Quartier, das ist ja total dezentral! 

Och, wir werden ja ohnehin nicht bei einer WM schon wieder in der Vorrunde ausscheiden. Niemals! Oh. Naja. 

Och, jo, wir werden aber jetzt nicht deswegen damit anfangen, den Gewinnern zu gratulieren, nur, weil wir gute Verlierer sein wollen. Die anderen waren ja in Wirklichkeit überhaupt nicht besser!!

Klar, wir sind jetzt „enttäuscht“ oder „traurig“, aber selbst, wenn wir das Scheitern in leitender Funktion zu verantworten haben, ziehen wir aus einem Desaster keine Konsequenzen. Wir sind ja keine Mexikaner!! Und beim DFB kontrollieren wir uns ja „selbst“ und beraten uns „miteinander“, idealerweise in Doppel- oder Triple- Funktionen. 

Och – und vor allem wollen wir Eines nie: Etwas „überstürzen“. Wir wollen „in Ruhe analysieren“ – um dann nichts ändern zu müssen. 

Ein Spiegelbild unserer selbstverliebten, wohlstandsverwahrlosten, sich selbst überschätzenden, realitätsverweigernden Gesellschaft. Die schon lange die Leistung nicht mehr bringt, für die sie belohnt werden will.